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Gottsu Mundstücke

Aus der mittlerweile beinahe unüberschaubaren Masse der Mundstückhersteller ragt die im Jahre 2005 gegründete japanische Firma Gottsu aufgrund der besonderen handwerklichen Qualität ihrer Produkte hervor. Der Firmengründer, Masahiko Goto, ist selbst Saxophonist. Daher entstehen sämtliche Mundstücke, die er in seinem Unternehmen entwickelt und herstellt, aus eigener musikalischer Erfahrung und Tätigkeit heraus. An seine Arbeit stellt er nicht nur den höchsten handwerklichen Anspruch, er sucht, wie er selbst sagt, dem Musiker Mundstücke bereit zu stellen, welche es diesem ermöglichen, die harmonischen Obertöne der menschlichen Stimme erklingen zu lassen. Masahiko Goto glaubt, der Klang des Saxophons ahme den der menschlichen Stimme nach, nähere sich ihr an. Hinter jedem Mundstück der Firma Gottsu steht also weniger ein technischer als vielmehr ein humaner und vor allem musikalischer Ansatz. Diese Grundhaltung hebt den Hersteller hervor. Andere Produzenten, wie etwa die amerikanische Firma Theo Wanne Mouthpieces, stellen hingegen die technische Präzision und Raffinesse ihrer Produkte in den Vordergrund. Gottsu vertraut auf die Verbindung modernster Software und CNC-Technologie sowie traditioneller Handwerkskunst, welche, wie in Japan üblich, auf allerhöchstem Niveau gepflegt wird. 

Aus der inzwischen umfangreichen Produktpalette der Firma Gottsu greife ich einige Modelle heraus, die Bezug nehmen auf Klassiker und Meilensteine des Mundstückbaus.

Gottsu Sepia Tone Jazz Metall

Das Sepia Tone Jazz Metall nennt der Hersteller sein „Standard Metall Modell“. Es wird für Alto-, Tenor- und Baritonsaxophon produziert. Die Fa. Gottsu erklärt, im Zuge der Entwicklung dieses Mundstückes habe man die Metall-Legierungen historischer Mundstücke analysiert und eine Messinglegierung gewählt, die den Vorbildern am ehesten entspräche. Die Form der Mundstücke, mit ausgeprägter Kehle zwischen Schaft und Mundstückkorpus, erinnert an die Mundstücke der amerikanischen Firma Otto Link. Das Mundstück verfügt über ein Rollover Baffle mittlerer Höhe. Dieser ist nicht flach ausgeführt, sondern zu den Seiten hin leicht gewölbt und geht in weicher Kurve in die tiefausgehöhlten Seitenwände der runden Kammer über. Form und Größe dieser Kammer erinnern an die eines Otto Link Super Tone Master. Die Kammer des Gottsu Modells wirkt augenscheinlich jedoch etwas größer als die des vergleichbaren Otto Link Mundstückes. An welches historische Otto Link sich das Sepia Tone Jazz Metall jedoch genau anlehnt, ist nicht offensichtlich. Dieses Mundstück möchte keine Replik sein, kein Vintage-Klon, sondern eine moderne Homage.

Das Mundstück, welches als Fassung für das Tenorsaxophon vorliegt, ist perfekt produziert und von makellosem Finish. Die Oberflächen sind auf Hochglanz poliert, auch innerhalb der Kammer, es gibt keine Kanten oder feine Metallgrate, die Formen sind weich und glatt ausmodelliert und die Erscheinung eine Augenweide. Das Mundstück erfuhr eine sehr hochwertige Versilberung, die sehr haltbar ausfällt, wie ich nach langem alltäglichem Gebrauch dieses Mundstückes erfreut bestätige. Die Vergoldungen und Versilberungen verschiedener anderer Mundstücke, etwa solcher Hersteller wie Retro Revival, SR Technologies oder auch Jody Jazz, zeigten bereits nach wenigen Monaten Gebrauch leider deutliche Abriebspuren, welche die Freude an den ansonsten hervorragenden Produkten dieser Hersteller etwas eintrüben.

Das Mundstück weist eine Bahn 8 auf, die in etwa der Bahnöffnung 7* eines Otto Link Metallmundstückes entspricht.

Table, Tip-Rail, und Side-Rails sind absolut präzise, symmetrisch und somit perfekt angelegt. Der Hersteller erläutert, dass nicht nur der Bahnverlauf, sondern auch die Dimension der Tip-Rails sowie der Side-Rails im Hinblick auf ihre akustischen Qualitäten dimensioniert und optimiert werden. Tip-Rail und Side-Rail sind schmal, jedoch nicht so knapp bemessen wie etwa bei den Retro Revival Super D New York und Super D Florida Modellen, die zum Vergleich vorliegen. Blätter lassen sich daher leicht und genau auf dem Mundstück positionieren. Das Sepia Tone Jazz Metall erweist sich überdies als überaus tolerant gegenüber unterschiedlichen Blattsorten und -stärken. Synthetikblätter, etwa die Signature der Fa. Legere, harmonieren mit diesem Mundstück perfekt. Allerdings sollte das Synthetikblatt sehr fest auf dem Tisch des Mundstückes aufliegen. Das Mundstück funktioniert erfahrungsgemäß am besten mit folgenden Ligaturen: Rovner Platinum, Woodstone, D’Addario Woodwinds H-Ligature sowie Francois Louis-Ligature.

Diese Präzision in Produktion, Finish und Tuning des Mundstückes wirkt sich überaus positiv auf seine Spieleigenschaften aus. Es gibt durchaus Mundstücke mit einem noch geringerem Blaswiderstand: ein RetrocRevival Super D, Theo Wanne Gaja III oder auch das Jody Jazz DV CHI stellen dem Luftstrom und somit dem Musiker nahezu gar nichts entgegen. Man bläst ein Super D oder Gaja III an und ist von der Leichtigkeit der Tonerzeugung sofort begeistert. Das Sepia Tone Jazz Metall verlangt von seinem Spieler einen Hauch mehr Einsatz und Bemühen, was im unmittelbaren Vergleich zu den oben genannten Mundstücken zunächst einmal als ein Nachteil erscheinen mag. Nach kurzer Einspielzeit erweist sich der geringfügig höhere Blaswiderstand, und es handelt sich hier wirklich nur um eine leichte Nuance, als Vorteil: denn er ermöglicht es, den Ton präziser zu kontrollieren und zu fokussieren! Wenngleich der Klang des Sepia Tone Jazz Metall an den verschiedener, vor allem historischer Otto Link Mundstücke erinnert, so wirkt er doch eigenständig. Tony Lakatos, einer der bedeutendsten Tenorsaxophonisten der Gegenwart weit über den deutschsprachigen Raum hinaus, schrieb über das Sepia Tone Jazz Metall: „Es spielt sich genau wie mein (Otto Link) Florida. Wahrscheinlich die beste Kopie, die ich jemals anblies. Sehr fokussiert, warm und es weist eine große Projektion und einen großen Klang auf.“  Vergleicht man die akustischen Signaturen etwa eines durchschnittlichen Otto Link Double Ring, Otto Link Florida und des Sepia Tone Jazz Metall, so liegt nach meinem Eindruck das Gottsu Mundstück klanglich ziemlich genau in der Mitte zwischen den beiden genannten Otto Link Klassikern. Das Double Ring tönt etwas dunkler, das Florida etwas heller. Der Klang des Sepia Tone Jazz Metall verfügt über einen klar definierten, recht dunklen und warmen Kern, den eine Schicht reicher Obertöne umhüllt. Der Ton ist sehr durchsetzungsfähig, konturiert. Die dynamische Spannweite des Sepia Tone Jazz Metall ist hoch: ganz gleich, ob man pianissimo oder fortissimo bläst, sich im Bereich der Subtones oder der Flageoletts bewegt, die Grundsubstanz des Tones bleibt immer stabil, deutlich umrissen. Subtones, die tiefen Lagen wie die höchsten sind mit Leichtigkeit kontrollierbar. Das Intonationsverhalten ist sehr gut. Das Sepia Tone Jazz Metall ist ein hervorragendes Mundstück, modern, perfekt ausbalanciert, brilliant, jedoch niemals harsch, mit deutlichen Anleihen an die Klangcharakteristik der historischen Klassiker.

Gottsu Master 2018

Das Master 2018 nennt die Fa. Gottsu ihr „Flaggschiff-Modell“. Dieser Bezeichnung zu folgen fällt schwer angesichts des hohen Standards, den der Hersteller bereits mit seinem von ihm selbst als „Standard Metall Modell“ eingestuften Sepia Tone Jazz Metall erreicht. Was leistet das Master 2018 mehr als ein Sepia Tone Jazz Metall? Die Oberflächenvergütung des Master 2018 ist aufwändiger und hochwertiger: nach extrem präziser Produktion und sorgfältigstem Finish wird das Mundstück zunächst vernickelt und anschließend eine 18k-Vergoldung aufgetragen. Die Fa. Gottsu erklärt, im Zuge der Entwicklung auch dieses Mundstückes habe man die Metall-Legierung des historischen Originals analysiert und eine Messinglegierung gewählt, die der Vorlage am ehesten entspräche. Das Master 2018 wird gegenwärtig ausschließlich für das Tenorsaxophon produziert.

Das Design des Master 2018 orientiert sich ganz klar an einem Klassiker, nämlich dem Otto Link Master, welches 1930 auf dem Markt erschien. Das Otto Link Master ist eng mit zwei der bedeutendsten Tenorsaxophonisten des Jazz verbunden: Coleman Hawkins und Ben Webster bliesen dieses Mundstück. Das ursprüngliche Otto Link Master wurde mit kleinen Bahnöffnungen ausgeliefert. Ben Webster und andere ließen sich ihr Master nachträglich, zum Teil durch einen Service der Fa. Otto Link, öffnen. Die Fa. Gottsu bietet von Werk aus unterschiedliche und auch weite Bahnöffnungen an. Das vorliegende Mundstück für Tenorsaxophon weist eine Bahn 8 auf, die in etwa der Bahnöffnung 7* eines aktuellen Otto Link Metallmundstückes entspricht.

Die Erscheinung des Master 2018 lehnt sich eng an die des historischen Otto Link Master an: es gibt diesen charakteristischen kurzen Schaft mit kräftiger Kehle am Übergang zum Korpus des Mundstückes. Am Ansatz des Schaftes befinden sich zwei parallele Schaftringe mit dazwischen eingraviertem Schriftzug „Sepia Tone“. Unterhalb des Tisches, also der Auflagefläche für das Blatt, sind auf beiden Seiten des Mundstückes schmale Grate eingearbeitet, in welche beim historischen Originalmundstück eine Blattschraube eingeschoben werden konnte. Das Master 2018 zitiert dieses Design jedoch nur, ohne dieselbe Funktion anzubieten. 

Die Konzeption der Kammer und Schallwand folgt weitestgehend dem Design des historischen Vorbildes: der Tip-Rail des Master 2018 ist deutlich schmaler dimensioniert als der des Sepia Tone Jazz Metall. Es gibt einen sehr knapp gehaltenen Rollover-Baffle, welcher in einen Low-Baffle fließend übergeht. Diese Schallwand, welche im Querschnitt geringfügig flacher gehalten ist als die des Sepia Tone Jazz Metall, senkt sich sehr steil in die große, runde Kammer ab. Wie schon bei dem Sepia Tone Jazz Metall sind die Seitenwände tief und rund ausgehöhlt, die Übergänge zum Baffle erfolgen in weichen, glatt polierten Kurven. Alles, was bezüglich der Produktqualität des Sepia Tone Jazz Metall bereits zuvor hier geschrieben wurde, das trifft auf das Master 2018 erst recht zu: dieses Mundstück ist absolut präzise und perfekt produziert, ausbalanciert und es ist eine wahre Schönheit! Während das Sepia Tone Jazz Metall eher als Allround-Mundstück definiert ist, das klanglich zwar eine deutliche Signatur besitzt, jedoch vom versierten Spieler in unterschiedliche klangliche Richtungen verschoben werden kann, verfügt das Master 2018 über etwas, das man nur so bezeichnen kann: Charakter!    

Der Klang des Master 2018 verfügt über einen sehr großen, warmen, farbigen und dunklen Ton, der wunderbar in die Breite geht. Es gibt Mundstücke, die zwar dunkel klingen, jedoch zugleich auch matt oder dumpf. Das Master 2018 gibt dem Ton jedoch stets genügend Brillianz und Präsenz mit. Ein gewisser Glanz und ausreichendes Durchsetzungsvermögen lassen sich mühelos entwickeln. Mit dieser Klangkonzeption ähnelt es dem Theo Wanne Ambika III, welches jedoch wesentlich moderner, konturierter und auch härter ertönt. Das Master 2018 erklingt weicher, hat etwas Süßes im Ton, auch eine gewisse Dichte. Die dynamische Spannweite des Master 2018 unterscheidet sich nicht von der des Sepia Tone Jazz Metall und ist also sehr hoch: ganz gleich, ob man fortissimo bläst oder pianissimo, sich im Bereich der Subtones oder der Flageoletts bewegt, die Grundsubstanz des Tones bleibt immer vollkommen stabil und dicht. Subtones, insbesondere in den tieferen Lagen, sind mit Leichtigkeit kontrollierbar. Das Intonationsverhalten ist sehr gut. Das Master 2018 ist ein hervorragendes Mundstück, eine moderne, zeitgemäße Interpretation eines Otto Link Master, ein wenig präsenter klingend als dieses, was ihm jedoch keineswegs zum Nachteil gereicht. Masahiko Gotos Anspruch und Versprechen, ein Mundstück zu fertigen, dessen Klang sich bei geeigneter Spielweise dem der menschlichen Stimme annähert, erfüllt er mit dem Master 2018 auf gelungene Weise!

Gottsu Sepia Tone Double Ring Tenor

Das Sepia Tone Double Ring Tenor ist seit 2020 auf dem Markt. Sein Konzept bezieht sich auf das Design des Otto Link Double Ring, ein Metall-Mundstück, welches der amerikanische Hersteller 1950 auf den Markt brachte. Eine ganze Reihe der bedeutendsten Saxophonisten des Jazz bliesen dieses Modell. Gut erhaltene Exemplare oder sogar solche in originalem Zustand sind sehr selten und entsprechend kostspielig. Eine gewisse Serienstreuung in der Produktion hat bei der Fa. Otto Link eine Tradition. Daher ist es nicht unproblematisch, von dem charakteristischen Klang des Double Ring oder Florida zu sprechen: die Produktqualität und Ausführung der betreffenden Mundstücke unterlag schon damals deutlichen Schwankungen, sodass sich die noch vorhandenen Exemplare, einmal ungeachtet ihres Erhaltungszustandes, klanglich und auch in den jeweiligen Spieleigenschaften häufig sehr unterscheiden. Dies trifft übrigens auf die gegenwärtigen Produkte der Fa. Otto Link zu: man ist gut beraten, sich unter mehreren Exemplaren des gleichen Modells das beste herauszusuchen! Gleichwohl gilt vielen das sogenannte Double Ring als das am besten klingendste Metall-Mundstück aus der Produktion der Fa. Otto Link und, nur in überschaubarer Stückzahl gefertigt, auch als das begehrteste. Viele Musiker, die ein Double Ring bliesen, unterzogen ihr Mundstück allerding einem aufwendigen Refacing, um die Spieleigenschaften ihres Exemplares zu optimieren. Hersteller, wie etwa Theo Wanne, restaurierten Mundstücke, entwickelten Methoden des Refacings bevor sie später daran gingen, eigene Mundstücke zu entwickeln. Auch Masahiko Goto, so ist zu lesen, sammelte etliche Jahre Erfahrung im Refacing und entschloss sich erst später, eigene Mundstücke zu produzieren. Dieses Wissen um die jeweils optimale Facing-Kurve, auch die genaue Kenntnis historischer Vorbilder, kommt der Entwicklung eines modernen Mundstückes wie etwa dem Gottsu Sepia Tone Double Ring zugute.

Einige Hersteller gehen nun seit geraumer Zeit daran, Repliken dieses Mundstückes anzubieten: neben anderen seien die Firmen Retro Revival, Marantz, Ted Klum, Sakshama, Phil Tone genannt, aber auch Rafael Navarro oder Theo Wanne nehmen Bezug auf das Otto Link Double Ring. Keiner dieser Hersteller ist jedoch in der Lage, auch mit den modernsten Laserscanmethoden, eine exakte und gewissermaßen allgemeingültige Replik des Otto Link Double Ring anzufertigen, denn das Original unterlag, wie bereits erwähnt gewissen Schwankungen in Ausführung und Qualität. Die Firma Retro Revival etwa weist darauf hin, dass sie auf das am besten erhaltene und bespielbare Exemplar, welches ihnen noch zur Verfügung stand, zurückgriff und dieses als Referenzmodell und Vorlage ihrer Replik nutzte. Insofern gibt es, wenn überhaupt, nur Repliken eines ganz bestimmten einzelnen Exemplars. Andere Hersteller, wie etwa Theo Wanne behaupten, sie produzierten das Modell, welches die besten Exemplare der erhaltenen historischen Modelle überträfe. Wie dem auch sei: der Begriff Homage trifft wohl am ehesten auf die Eigenschaft des jeweiligen Produktes zu, und was ist so schlecht daran, sich statt an einer Replik an einer gelungenen Homage zu erfreuen? Zuletzt kommt es immer nur darauf an, wie man auf einem Mundstück klingt und nicht wie dieses genannt wird und welchen Preis man für es bezahlt. Es gibt nur gute oder schlechte Mundstücke.

In diesem Sinne, also als eine Homage, konzipierte die Fa. Gottsu offenbar ihr Sepia Tone Double Ring.

Alles, was bezüglich der Produktqualität des Sepia Tone Jazz Metall und Master 2018 bereits zuvor hier geschrieben wurde, trifft auf das  Master 2018 zu: dieses Mundstück, als handmade deklariert, ist absolut präzise und perfekt produziert, ausbalanciert und es ist ein Schmuckstück!

Die äußere Erscheinung des Sepia Tone Double Ring lehnt sich sehr eng an die des historischen Otto Link Master an: es gibt diesen charakteristischen kurzen Schaft mit einer ausgeprägten Kehle am Übergang zum Korpus des Mundstückes. Am Ansatz der Kehle befinden sich zwei parallel eingravierte Ringe: daher die Bezeichnung Double Ring.  Auf der Oberseite des Mundstückes erhebt sich ein flaches Metallband in Längsrichtung, welches den eingravierten Schriftzug Gottsu trägt. Die Konzeption der Kammer und Schallwand folgt im Wesentlichen dem Design des historischen Vorbildes. Der Tip-Rail des Master 2018 ist deutlich schmaler dimensioniert als der des Sepia Tone Jazz Metall, außergewöhnlich fein und genau ausgearbeitet. Es gibt einen Rollover-Baffle von mittlerer bis geringer Höhe, welcher etwa 5 mm hinter dem Tip-Rail fließend in einen Low-Baffle übergeht und tief in eine große und glatt gerundete Kammer hinabsteigt. Diese Fläche der Schallwand ist in ihrem Querschnitt geringfügig flacher gehalten als die des Sepia Tone Jazz Metall. Wie schon bei dem Sepia Tone Jazz Metall und Master 2018 sind die Seitenwände tief und rund ausgehöhlt, die Übergänge zum Baffle erfolgen in weichen, glatt polierten Rundungen und Kurven. Jedes Detail ist präzise und perfekt ausgeführt.

Während das Sepia Tone Jazz Metall eher als Allround-Mundstück definiert ist, das klanglich zwar eine deutliche Signatur besitzt, jedoch vom versierten Spieler in unterschiedliche klangliche Richtungen verschoben werden kann, verfügen das Master 2018 und nun auch das Sepia Tone Double Ring über etwas, was man nur so bezeichnen kann: reichlich Charakter! Der Blaswiderstand ist gering, jedoch so angelegt, dass optimale Tonkontrolle möglich ist. Das Mundstück bläst sich deutlich freier und offener als das Sepia Tone Jazz Metall, gibt aber einen Hauch mehr Widerstand als etwa ein Retro Revival Super D oder Theo Wanne Gaja III. Für alle Mundstücke der Fa. Gottsu und insbesondere für das Sepia Tone Double Ring gilt: der Blaswiderstand ist genau richtig angelegt! Das Mundstück spricht zwar außergewöhnlich leicht an, stellt dem Ansatz des Bläsers aber genau den Halt zur Verfügung, welchen er für einen kontrollierten und wohl ausbalancierten Ton benötigt.

Wie auch das Sepia Tone Jazz Metall und das Master 2018 verhält sich das Sepia Tone Jazz Metall überaus tolerant gegenüber Blättern verschiedener Stärke und unterschiedlichen Zuschnittes: ein Vandoren Classique Nr. 3 klingt auf diesem Mundstück ebenso gut wie ein Vandoren Java Nr. 3,5 oder Vandoren V16. Auch ein Legere Signature Synthetikblatt funktioniert mit dem Sepia Tone Double Ring. Als Ligature empfiehlt sich für dieses Mundstück insbesondere die Wood Stone Tenor Otto Link M GP Ligature. Aber auch mit der Platinum Ligatur der Fa. Rovner sind beste Ergebnisse zu erzielen.

Das Sepia Tone Double Ring eröffnet einem wirklich alle Möglichkeiten: es kann, je nachdem wie man es bespielt, weich und dunkel klingen, geradezu süßlich oder aber auch scharf fokussierend. Auffällig ist die räumliche Tiefe des Tones: manch anderes Mundstück klingt zwar laut und breit, groß und rund, aber es fehlt dem Klang etwas, das man seine Räumlichkeit nennen könnte, er wirkt flach. Mit einem Sepia Tone Double Ring steht der Ton im Raum wie eine Marmorstatue. Es gibt einen klar definierten, dunklen und warmen Kern und um diesen herum etliche Schichten reicher Obertöne. Der Ton ist sehr durchsetzungsfähig, konturiert. Die dynamische Spannweite des Sepia Tone Jazz Metall ist extrem weit: ganz gleich, ob man pianissimo oder fortissimo bläst, die Grundsubstanz des Tones bleibt immer stabil, deutlich umrissen. Subtones, die tiefen Lagen wie die höchsten sind mit Leichtigkeit kontrollierbar, ebenfalls die Flageoletts. Das Intonationsverhalten ist sehr gut. Das Sepia Tone Double Ring ist ein hervorragendes Mundstück, das es ermöglicht, die unterschiedlichsten Facetten des Klanges, der eigenen Spielauffassung zum Ausdruck zu bringen. Dieses Mundstück wächst mit seinem Spieler und dieser mit ihm. Ob es eine gelungene Replik darstellt oder eben eine Homage, sei einmal dahingestellt: auf jeden Fall gehört es zu den herausragendsten Mundstücken seiner Art, die zurzeit erhältlich sind. 

Gottsu Jazz Solist

Das Gottsu Jazz Soloist ist ein Hard-Rubber Mundstück, welches auf das Design des Selmer Short Shank Soloist aus dem Jahr 1956 Bezug nimmt. Dieses Mundstück, ursprünglich für den Einsatz in der Klassik erdacht, fand auch Zuspruch durch einige der wichtigsten Saxophonisten des Jazz. Joe Henderson blies auf seinem Selmer MK VI Tenorsaxophon ein Short Shank Bahn D, Kenny Garrett setzt nach wie vor auf seinem Selmer MK VI Altosaxophon ein Short Shank Bahn F ein. Dieses Mundstück steht eigentlich zu Unrecht und unverständlicher Weise im Schatten der Mundstücke, die etwa die amerikanischen Firmen Meyer oder Otto Link seinerzeit verkauften. Es ist ein Mundstück, das in völlig unterschiedlichen Genres seine klangliche Heimat findet. Ohne Einschränkungen ist das Soloist sowohl in Klassik wie auch im Jazz einsetzbar. Es stellt also ein echtes Allround-Mundstück dar. Ein gutes Short Shank zeichnet sich durch eine sehr schnelle und genaue Artikulation aus, einen besonders farbenreichen Klang, der stets etwas komprimiert und schlank wirkt, jedoch nicht dünn oder flach, einen Klang, der fokussiert und auch strahlend wirkt, in den Höhen jedoch nie schrill.

Das Gottsu Jazz Soloist ist für Sopran-, Alto-, Tenor- und Baritonsaxophon erhältlich.

Die Fa. Selmer stellt seit einigen Jahren das Soloist wieder her, man ist jedoch gut beraten, aus mehreren Exemplaren gleicher Bahnöffnung das beste zu wählen. Es gibt andere Hersteller, die ebenfalls Mundstücke anbieten, die der Konzeption des historischen Selmer Short Shank nahe stehen. Hier, stellvertretend für einige andere, seien genannt: Die japanische Firma Aizen stellt das Aizen SO her. Dieses Mundstück klingt wesentlich heller und spitzer als das historische Original, der Blaswiderstand ist verschwindend gering, das Intonationsverhalten nach meiner Erfahrung nicht optimal. Die amerikanische Firma Retro Revival produziert das sogenannte Shorty. Dieses Mundstück weist die charakteristischen Klangeigenschaften eines guten Short Shank auf, bläst sich frei und liegt ein wenig mehr auf der kernigen Seite des Klangspektrums. Edward Pillinger, London, nennt seine Homage an das Short Shank schlicht Pillinger SO. Dieses hervorragende Mundstück, bläst sich sehr frei, entwickelt eine enorme Projektion und auch Brillianz. Es klingt rund, intoniert einwandfrei. Die Firma Phil Tone bietet mit seinem Nouvella genannten Modell eine äußerst gelungene und ansprechende Homage an das Selmer Short Shank an: das Nouvella ist nicht nur herausragend präzise produziert, sondern kommt den Klangeigenschaften auf verblüffende Weise ziemlich nahe. Allerdings, und dies eint die gegenwärtigen Bemühungen aller Hersteller, Phil Tone legt höchsten Wert auf etwas ausgeglichenere Spieleigenschaften. Viele Exemplare des historischen Originals weisen in bestimmten Lagen einen zu hohen Blaswiderstand auf, eine verringerte dynamische Spannweite oder auch Einbußen in der Brillianz. Das Nouvella vereint die Klangsignatur eines Short Shank mit einer komfortabel leichten Spielbarkeit.

Das Jazz Soloist liegt mit der Bahn G für Tenorsaxophon und Bahn D für Altosaxophon vor. Bahn G entspricht in etwa der Bahn 7 eines Otto Link, Bahn D der Bahn 5 eines USA Meyer Mundstückes. Beide Mundstücke sind absolut präzise und akkurat produziert, das Finish ist makellos. Die Außenflächen des Mundstückes sind fein mattiert.   

Die Erscheinung des Gottsu Jazz Soloist lehnt sich eng an das Design des historischen Short Shank an. Es gibt diesen charakteristischen kurzen Schaft, der dem Short Shank seinen Namen verlieh. Eine kräftige Kehle befindet sich im Übergang zwischen dem Schaft und dem Korpus des Mundstückes. Unmittelbar vor dieser Kehle erhebt sich ein Schaftring in Form eines flachen Bandes, der im Original eine Bordüre, in der modernen Fassung Gottsus den Schriftzug Sepia Tone trägt. Der Schaft ist zu seinem Ende hin abgerundet. Auf dem Tisch des Jazz Soloist ist der der Schriftzug „S.Shank“ sowie die Bahnbezeichnung in tiefer Gravur zu lesen. Das originale Short Shank zeigte auf dem Tisch die Modellbezeichnung und Bahnöffnung.

Das Short Shank weist eine hufeisenförmigen Kammerausschnitt auf sowie einen sehr flachen Baffle am Übergang zur Bohrung des Mundstückschaftes. Diesem Designkonzept des ursprünglichen Short Shank folgt das Gottsu Jazz Soloist. Tip-Rail und Side-Rails sind extrem präzise, sehr fein und schmal ausgearbeitet. Es gibt, kaum sichtbar und nur zu ertasten, einen dezenten Rollover-Baffle am Übergang von der Mundstückspitze zur Schallwand. Augenscheinlich wirkt die Kammer geringfügig größer als die des Short Shank aus dem Jahre 1956.  Alles, was bezüglich der Produktqualität des Sepia Tone Jazz Metall, des Master 2018 sowie des Sepia Tone Double Ring hier bereits zuvor festgestellt wurde, trifft uneingeschränkt auch auf das Jazz Soloist zu: dieses Mundstück ist absolut präzise und perfekt produziert, ausbalanciert, das Finish erfreut das Auge!

Der Klang des Jazz Soloist weiß zu begeistern. Tony Lakatos, einer der international renomiertesten Solisten, bemerkte zu diesem Mundstück: „… ich liebe dieses Mundstück! Du hast sofort Joe Henderson im Ohr, wenn du es spielst. Die Kammer eines Soloist, aber ich kann mehr Luft hineinblasen als in das Original und ich erhalte mehr Volumen, was ich in diesen Mundstücken bisher immer vermisste.“ Tatsächlich ist der Blaswiderstand dieses Gottsu Jazz Soloist wesentlich geringer als bei dem Soloist der Firma Selmer aus sowohl aktueller Produktion und den überwiegenden Exemplaren historischer Baureihe. Er liegt indes ein klein wenig höher als bei den vergleichbaren und oben genannten Modellen der Firmen Phil Tone, Pillinger und Aizen. Gleichwohl: dieses Mundstück bläst sich sehr leicht! Der Blaswiderstand, nur um eine feine Nuance erhöht im Vergleich zu den Modellen der vergleichbaren Mitbewerber auf dem Markt, gereicht der Tonkontrolle nur zum Vorteil. Auffällig ist, dass die besondere Farbigkeit und Wärme des Klanges, dieser gewisse Schmelz oder diese das Ohr schmeichelnde Weichheit, welche mit einem guten, originalem Short Shank aus dem Jahr 1956 zu erreichen ist, mit dem Gottsu Jazz Soloist,  gefertigt im Jahr 2020, in vollkommen ebenbürtiger Weise zu Gehör gebracht werden kann. Auf einem Yamaha 82Z WOF UL Tenorsaxophon, einem Yamaha 875 EX und 82 Z WOF UL Altosaxophon sowie einem Buffet Crampon S1 und Senzo eingesetzt, fiel die besonders ausgeglichene Intonation über den gesamten Tonumfang der Instrumente auf.

Die Mundstücke funktionieren besonders gut mit der Platium Ligature der amerikanischen Firma Rovner, der Ligature der japanischen Firma Wood Stone sowie den Ligaturen des belgischen Herstellers Francois Louis. Das Gottsu Jazz Soloist akzeptiert Blätter ganz unterschiedlichen Zuschnittes und verschiedener Stärke. Auch Synthetikblätter wie die Signature der Firma Legere klangen hervorragend mit diesem Mundstück, auch wenn die Firma Gottsu den Einsatz von Holzblättern ausdrücklich empfiehlt.

Das Gottsu Jazz Soloist erlaubt, ebenso wie die anderen Mundstücke dieses Herstellers ein Spiel mit größten dynamischen Kontrasten. Der Ton bleibt immer, ganz gleich in welcher Lage oder Lautstärke man sich bewegt, kontrollierbar und stabil. Wohlmöglich assoziiert man mit dem Short Shank eher einen feinen, schlanken, kultivierten, warmen und farbigen Klang und diese Vorstellung trifft auch vollkommen zu, jedoch ist es durchaus möglich dem Gottsu Jazz Soloist, wenn man ihm genügend Luft und Stütze gibt, einen Ton von prägnanter, fokussierter Schärfe zu entlocken. Das Gottsu Jazz Soloist ist eben ein herausragendes Allround-Mundstück, das dem Spieler vieles ermöglicht und eine überaus gelungene Homage an das originale Short Shank. Dabei entspricht das Gottsu Jazz Soloist seiner historischen Vorlage nicht nur klanglich weitestgehend, sondern übertrifft es auch hinsichtlich seiner Spielbarkeit, der exzellenten wie komfortablen Tonkontrolle.

Resümee

Die hier vorgestellten und besprochenen Mundstücke stellen lediglich eine Auswahl dar: das Angebot der Firma Gottsu ist mittlerweile umfangreich und stellt im Grunde für jeden Anspruch und Geschmack etwas passendes bereit. Allen Mundstücken dieses Herstellers, der im Laufe der letzten 15 Jahre seine Produktpalette stetig verbreiterte und sorgfältig weiterentwickelte, ist dieses gemein: die Mundstücke sind handwerklich excellent produziert und folgen unverkennbar einer Produktphilosophie, der es vor allem um die musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten geht und weniger um das jeweils technisch machbare. Diese Mundstücke sind für Musiker geschaffen und nicht für Instrumentalisten. Diese besondere Eigenschaft und Qualität zeichnet sie aus. Mit seinen Arbeiten, dem Sepia Tone Jazz Metall, dem Master 2018, dem Sepia Tone Double Ring und Jazz Soloist reiht sich Masahiko Goto und sein Unternehmen Gottsu verdientermaßen und berechtigt in die Reihe der international hervorragendsten Mundstückproduzenten ein.

Yamaha Custom Saxophon S-Bögen

Den größten Einfluss auf den Klang eines Saxophons nehmen Blatt, Mundstück und S-Bogen. Zwar entsteht das, was der Zuhörer wahrnimmt, vornehmlich im Kopf des Musikers, seine Klangvorstellung setzt sich durch, doch die Auswahl des Material unterstützt die Arbeit des Instrumentalisten.

Der Ton des Saxophons entwickelt sich in der Mundhöhle des Musikers: in ihr befindet sich das Mundstück, hier versetzt der Luftstrom das Blatt in Schwingung. Da die körperlichen Eigenschaften der Musiker niemals dieselben sind, klingt ein und dasselbe Blatt oder auch Mundstück stets ein wenig anders, je nachdem wer es gerade anbläst. Diese Tatsache muss man sich vor Augen halten, wenn man über Blätter, Mundstücke, S-Bögen und dergleichen schreibt oder liest. Aufnahmen geben immer nur die jeweilige Beziehung zwischen Material und Musiker wieder, nie jedoch allgemeingültige Eigenschaften des verwendeten Equipments.

Der S-Bogen des Saxophons stellt das Bindeglied dar zwischen dem Mundstück und Blatt auf der einen sowie dem Korpus des Instrumentes auf der anderen Seite. Bohrungsverlauf, Material und Beschaffenheit des S-Bogens, seine Geometrie, legen die akkustischen Eigenschaften des S-Bogens fest und färben maßgeblich den Klang. Durch die Wahl eines bestimmten S-Bogens erhält das Saxophon seine Eigenschaften, den Grundklang. Es gibt S-Bögen mit geringerem oder höheren Blaswiderstand. Wie hoch dieser Widerstand ausfällt, sagt wenig über die Güte des betreffenden SBogens aus. Der jeweilige Blaswiderstand ist eine Eigenschaft, die der Musiker, nach eigener Vorliebe und Klangvorstellung, sucht und für die er sich bewusst entscheidet.

Einige namhafte Hersteller bieten unterschiedliche S-Bögen für ihre Saxophonmodelle an. Die Firma Yanagisawa beispielsweise produziert seit Jahrzehnten S-Bögen in unterschiedlicher Materialauswahl und Bohrung. Es gibt mehrere kleinere Unternehmen, die überwiegend S-Bögen in bester handwerklicher Tradition herstellen. Aus der Reihe bekannterer Werkstätten seien genannt: Bösken, Forestone, Gloger, Inderbinen, KB-Necks, Schucht.
Die Firma Yamaha stellt ebenfalls seit etlichen Jahren, unter wechselnden Modellbezeichnungen und Designs, verschiedene S-Bögen für ihre Saxophonmodelle her: die sogenannten Custom Saxophon SBögen.
Gegenwärtig, März 2022, bietet Yamaha drei S-Bögen an, in Messing oder Vollsilber und in vier Oberflächen: unlackiert, Goldlack, versilbert und vergoldet. Die Bögen unterscheiden sich grundsätzlich im Verlauf ihrer Bohrungen: der sogenannte V1-Bogen steht für einen weiten, der E1 den mittleren und der C1 einen engeren Bohrungsverlauf.

Die Firma Yamaha erläutert:
“Der V1 S-Bogen hat die größte Bohrung aller Yamaha Custom S-Bögen. Er ist sehr offen und frei, bietet ein großes dynamisches Spektrum und einen kernigen Klang mit einer Fülle von Obertönen. Der E1 S-Bogen mit einer mittleren Bohrung lässt sich leicht kontrollieren, bietet eine schnelle Ansprache und eine hervorragende Klangfarbe. Dieser vielseitige S-Bogen ist perfekt für Musiker, die durch die Flexibilität ihren individuellen Klang spielen können.
Der C1 S-Bogen hat die kleinste Bohrung aller Yamaha Custom S-Bögen. Er ist leicht zu beherrschen und spricht schnell an. Er bietet eine etwas dunklerre Klangfarbe und einen kernigen Ton.
Durch das große dynamische Spektrum und die erhöhte Flexibilität verleihen die Sterling Silber SBögen dem Instrument einen lebendigeren Klang.”

Download Datenblatt Yamaha S-Bögen [PDF, 0,4 MB]

Mir liegt mittlerweile der vollständige Satz dieser Yamaha Custom S-Bögen vor. Im Laufe der vergangenen Jahre erwarb ich nach und nach die einzelnen Bögen. Ich verwende sie auf meinen Yamaha 82Z WOF UL sowie 875EX Alto- und Tenorsaxophonen.

Die zuvor erwähnte Erklärung der Fa. Yamaha beschreibt die Eigenschaften der jeweiligen Bögen treffend. Es seien nachfolgenbd allerdings noch einige Anmerkungen und Erläuterungen hinzugefügt. Zunächst: alle Bögen sind handwerklich auf allerhöchstem Niveau gefertigt, so wie auch die oben genannten Saxophone dieses Herstellers!

Die Krümmungen der S-Bögen sind so gewählt, dass Kopf und Kinn des Musikers eine vollkommen waagerechte Position einnehmen. Diese Haltung erzeugt während des Anblasens eine offene Stellung des hinteren Rauchenraumes sowie des Kehlkopfes: sie fördert einen sonoren Klang und die sichere Kontrolle der Intonation.

Die Wandstärke aller S-Bögen liegt auf mittlerem Niveau. Die Ansprache der S-Bögen ist schnell und unmittelbar. Die Unterschiede zwischen den Bögen sind diesbezüglich weitaus geringer als erwartet: der offene V1 nimmt ein wenig mehr Luft auf, sein Blaswiderstand ist zugleich etwas geringer als der des engeren C1. Grundsätzlich gilt jedoch: alle hier vorgestellten S-Bögen verlangen keinen erhöhten Kraftaufwand. Die Unterschiede im Widerstand sind spürbar, drängen sich aber keinesfalls in den Vordergrund. Die Tonkontrolle fällt leicht aus, da der Blaswiderstand zwar recht gering bemessen ist, jedoch immer noch genügend Halt gibt, um eine sichere Klangestaltung zu ermöglichen.

Den S-Bögen ist weiterhin eine äußerst weite dynamische Spanne gemeinsam: dabei erklingt der V1 nicht lauter als der C1 oder E1 S-Bogen. Alle Bögen sind geeignet, auch ohne Mikrofonierung den größten Saal mit einem kraftvollen Ton zu füllen. Diese Bögen sind präsent! Der V1 wirkt klanglich wuchtig, sehr offen und rund, extrem voluminös; der C1 dichter, gebündelter, gewissermaßen komprimierter. Der E1 liegt genau in der akustischen Mitte zwischen dem V1 und C1 S-Bogen.

Tatsächlich verändern sich Intonation, Colorit und Definition mit den unterschiedlichen Bohrungen: der V1 erfordert eine höhere Konzentration, um eine ausgeglichene Intonation zu erreichen. Dieser Bogen intoniert nicht schlecht, aber aufgrund seiner Flexibilität bricht die Intonation in den höheren und tieferen Lagen eher aus, wenn Aufmerksamkeit und Kontrolle des Musikers nachlassen. In diesem Zusammenhang der Hinweis: das Intonationsverhalten eines Saxophones hängt maßgeblich vom Verhältnis zwischen der Bohrung des S-Bogens und des verwendeten Mundstückes ab. Auch die Wahl des Blattes beeinflusst das Intonationsverhalten. Mit geeignetem Mundstück lässt sich das Intonationsverhalten des V1 S-Bogens durchaus ein ganzes Stück stabilisieren: mit den Theo Wanne Gaja oder auch Ambika, zwei Mundstücken größerer Kammer, erzielte ich feine Ergebnisse. Legere Signature Synthetikblätter intonieren ebenfalls präzise.

Der C1 ermöglicht das ausgeglichenste Intonationsverhalten: die Töne springen sehr genau in der richtigen Höhe an. Dort liegen sie äußerst stabil: dieser S-Bogen intoniert wirklich herrausragend! Der E1 liegt bezüglich des Intonationsverhaltens zwischen dem V1 und C1: er bietet Flexibilität und intoniert dennoch zuverlässig und recht ausgewogen.

Während der V1 einen großen, weiten, sehr brillianten Ton ermöglicht, ohne jedoch hohl, schrill oder blechern zu tönen, gestatten der E1 und mehr noch der C1 S-Bogen, ein dunkleres, sehr farbiges Klangbild mit einem wesentlich komplexeren Colorit. Die enger gebohrten E1 und C1 Bögen intonieren nicht nur ausgewogener, sie definieren den Ton präziser, der Klang ertönt fokussierter und konturierter.

Alle drei Bögen sind gleichmaßen komfortabel zu blasen. Sie eröffnen dem Musiker vergleichbare Lautstärken und entsprechende dynamische Spannweiten. Die beschriebenen Unterschiede der Bohrungen beziehen sich auf den Bohrungsverlauf: es geht um die Weise, in der sich der jeweilige Bogen von seinem Einlauf bis zur Steckhülse hin allmählich weitet und öffnet. Die Geometrie der Bohrung definiert die Eigenschaften. Das Volumen der S-Bögen, die Weite ihrer Bohrungen resultiert aus dem jeweiligen Verlauf: der V1 weist einen nahezu gleichmäßig konischen, lineareren Bohrungsverlauf aus, der ein größeres Volumen verursacht. Der C1 und ebenso der E1 Bogen, verfügt in seinem vorderen Drittel, also unmittelbar nach dem Einlauf, über einen wesentlich flacheren und somit engeren Bohrungsverlauf: der Konus des Bogens weitet sich deutlicher erst etwa im zweiten Drittel der Bohrung: dadurch entstehen die geringeren Volumen dieser beiden S-Bögen. Es verhält sich also ein wenig wie bei Saxophonmundstücken: neben der Bahn nehmen nicht nur die Größe der Kammer, sondern auch ihre Gestalt Einfluss auf Ansprache, Stimmung und Klang.

Die Qualität der drei S-Bögen liegt auf höchstem Niveau. Die Unterschiede zwischen ihnen sind weniger in der Ansprache, sondern vielmehr im Intonationsverhalten, im Klangvolumen, der Klangstruktur sowie dem Colorit zu suchen. Die Definition des Tones differiert. Der Wechsel zwischen den S-Bögen ist recht einfach und ermöglicht daher, bei grundsätzlich sehr ähnlichem Spielverhalten, dem Grundklang eines Yamaha 82Z oder 875EX eine andere Prägung zu geben. Ein Yamaha Modell 62 gewinnt durch die Verwendung eines der drei Bögen ganz erheblich an Format, klanglicher Qualität. Es ist möglich, sofern die Maße der Steckhülse und der S-Bogen Aufnahme kompatibel sind, diese SBögen auch auf Saxophone einiger anderer Hersteller zu montieren: das Selmer Super Action 80 Serie II Tenorsaxophon klingt in der Kombination mit einem Yamaha Custom V1 S-Bogen bemerkenswert! Experimente lohnen! 

Ich selbst bevorzuge die E1 und C1 S-Bögen, da ich ein komplexeres, definierteres und fokusierteres Klangbild mit feinem Colorit erstrebe, überdies die stabilere und präzisere Intonation der beiden Bögen sehr überzeugt. Der E1 Bogen stellt aus meiner Sicht den gelungensten Kompromiss aus den Parametern Flexibilität, Colorit und präziser Intonation dar. Wer häufiger zwischen musikalischen Genres hin und her springt, dem sei der E1 Bogen empfohlen oder aber die abwechselnde Verwendung
der V1 und C1 Bögen.